Stella Cruz war kurz davor, ihre Musikkarriere an den Nagel zu hängen – zwei kleine Kinder erfordern eben viel Zuneigung. Sie hat es nicht getan. Zum Glück! Da waren sich die rund 50 Personen einig, die sich im Singsaal von der wandelbaren Stimme der Winterthurerin verzaubern liessen. Die Singer/Songwriterin begleitete ihre Stücke mit Gitarre und Loops. Die elektrischen Helfer kamen wirkungsvoll zum Einsatz, aber nie im Übermass. Ihr neuestes Album hat sie im Keller aufgenommen, während oben die Kinder schliefen. Man hört es den sanften Melodien an. Es tut ihnen gut.
Sie sei ein Fan von Mehrstimmigkeit, sagte Lena Minder. Das war am zweiten Samstagskonzert nicht zu überhören; die meisten Lieder zeichneten sich aus durch drei gleichzeitig erklingende Stimmen. Aus ihrer Wahlheimat Berlin brachte die gebürtige Aargauerin eine international zusammengesetzte Band mit: Josephine Pia Wild (Tasten) kommt aus Frankreich, Gidon Carmel (Schlagzeug) aus Israel. Der Multiinstrumentalist Conor Cunninghams (E-Bass, Gitarre, Querflöte und Stimme) ist Ire. Mit dieser Zusammensetzung zeigte Lena Minder Fingerspitzengefühl, sie trägt viel zur Qualität der Arrangements bei. Ihre Musik nennen die vier Nostalgic Pop – es ist ein Mix aus Indie-Folk, Soul und Country. Die Frontfrau sang und spielte Gitarre, das erste Stück der Zugabe bestritt sie ohne Unterstützung der Band – eine Reminiszenz an die Zeit, als sie noch als Solokünstlerin unterwegs war. Die Erkenntnis: Auch einstimmig weiss Lena Minder zu überzeugen.
Die dritte Stimme des Abends war markant – und bestens bekannt. Die Erwartungen an das James Gruntz Duo waren hoch. Sie wurden mehr als erfüllt. Der Gewinner mehrerer Swissmusic Awards kam zusammen mit dem Saitenvirtuosen Michel Spahr nach Ettiswil. In diesem intimen Setting interpretierten die beiden das Songmaterial neu. Sie beherrschen ihr Metier. Spahr entlockte seiner Gitarre unterschiedlichste Klänge, mal jazzig, mal funky, mal sphärisch. Stets harmonisierten sie mit dem charakteristischen Gesang von Gruntz, geprägt von den für ihn typischen Scatgesang- und Beatboxing-Elementen. Nach mehreren Stücken ohne Unterbruch wandte sich Gruntz ans Publikum. Wie der Hügel im Westen heisse, wollte er wissen. Und schon war die Kastelen Teil des nächsten Songs. Gegen Ende des fulminanten Gigs erhielten die Zuhörenden einen Crash-Kurs in Scatgesang. «Alle können singen», ermutigte Gruntz das Publikum. Dieses wiederholte die Vorgaben von der Bühne tapfer und kapitulierte erst, als das Tempo kaum mehr einzuhalten war. Zuvor hatte Gruntz zu einem Plädoyer für Livekonzerte angesetzt. «Für Musiker und Publikum sind sie intensiv – und unersetzbar.» Nach einem Auftritt wie diesem wird ihm niemand widersprechen. (David Koller)