Zweiter Festivaltag: drei Konzerte, drei Höhepunkte. Die Luzernerin Pink Spider eröffnete den Abend mit ihrer eindrücklich rauen Stimme im Egghuus. Und siehe da: wieder Dylan (siehe Festivalbericht vom Donnerstag). Neben Titeln aus ihrem phänomenalen, so starken wie fragilen Album «The Hunch», einem Song über die Migrationsgeschichte ihres Vaters (sie gaben ihm an der Schweizer Grenze eine Decke und eine heisse Schoggi), spielte Pink Spider eine atmosphärische Version von des Altmeisters «Buckets Of Rain». Und: So gut gefüllt war das Egghuus noch nie!
Auch im beinahe ausverkauften Jlge-Saal herrschte Hochstimmung: Christine Salem aus La Réunion trat als erste afrikanische Stimme überhaupt am Stimmen Festival auf. Ihre Musik ist der Maloya, ein hypnotischer Sound, der sich durch komplizierte Perkussions-Rhythmen auszeichnet. Es sind gefährliche Melodien, die Geister wecken und Autoritäten in Frage stellen. Der Maloya entstand bei den Sklaven, die bei der Zuckerrohrernte arbeiteten, und wird manchmal wegen seiner Entstehungsgeschichte mit dem Blues in Nordamerika verglichen. Schwere Themen, beste Laune – bei der Band wie im Publikum. Am Ende hob es den ganzen Saal von den Stühlen – erst zum Tanz, später zu Standing Ovations.
Zu guter Letzt gaben sich Hildegard Lernt Fliegen die Ehre. Eine Schweizer Band, die so gar nicht nach Schweiz klingt – im positivsten Sinne. Über acht Stunden waren sie von ihrem letzten Auftritt im französischen Zentralmassiv nach Ettiswil gefahren. Und noch immer war die Formation voller Energie. Mäandriernd zwischen Präzision und Chaos, präsentierten Hildegard Lernt Fliegen eine kuriose und faszinierende Welt. Ein veritabler Jazzsturm, während draussen de Regen einsetzte. Sänger Andreas Schaerer holte alles aus sich heraus. Beatboxing, Gurren, die höchsten Sopranlagen, das lustvolle Ausloten der menschlichen Stimme. Nach dem Sturm die Ruhe – und die Vorfreude auf einen ebenso erfolgreichen Festivalsamstag.